Der Sandmann
in der Bearbeitung von Andreas Gruhn. Ab 16 Jahren
- Uraufführung -
Der junge Student Nathanael ist verzweifelt. Er glaubt in dem Hausierer Coppola einen alten Bekannten wiedererkannt zu haben. Doch keinen lang vermissten Freund, sondern den Advokaten Coppelius, den er für den mysteriösen Tod seines Vaters verantwortlich macht. Nathanael erinnert sich nur mit Schrecken an Coppelius und seine traumatische Kindheit. Denn jeden Abend transformierte sich der harmlose Sandmann, der schläfrigen Kindern Sand in die Augen streut und sie ins Reich der Träume geleitet, in Nathanaels Fantasie in einen furchterregenden, augenausreißenden Schrecken. Nach Auftauchen des vermeintlichen Coppelius ist Nathanaels Fantasie nun wieder an der Grenze des Wahnsinns. Und auch seine Verlobte Clara schafft es nicht, ihn zu beruhigen.
„Das ist ein böser Mann, der kommt zu den Kindern, wenn sie nicht zu Bett gehen wollen und wirft ihnen Hände voll Sand in die Augen, dass sie blutig zum Kopf herausspringen, die wirft er dann in den Sack und trägt sie in den Halbmond zur Atzung für seine Kinderchen; die sitzen dort im Nest und haben krumme Schnäbel, wie die Eulen, damit picken sie der unartigen Menschenkindlein Augen auf.“
Ein Nachtstück der schwarzen Romantik, in dem ein junger Mann das Opfer dunkler Mächte wird, die ihn an den Rand der Vernunft treiben...
Besetzung
- Nathanael: Thorsten Schmidt
- Vater: Rainer Kleinespel
- Mutter: Bettina Zobel
- Coppelius / Coppola: Andreas Ksienzyk
- Clara: Ann-Kathrin Hinz
- Lothar, ihr Bruder: Jan Westphal
- Professor Spalanzani: Rainer Kleinespel
- Olympia, seine Tochter: Bianka Lammert
- Regie: Andreas Gruhn
- Ausstattung: Oliver Kostecka
- Regieassistenz / Inspizienz: Christina Keilmann
- Video: Peter Kirschke
- Dramaturgie: Isabel Stahl, Lioba Sombetzki
- Theaterpädagogik: Linda Thaller
Pressestimmen
„Die Uraufführung von E.T.A. Hoffmanns Der Sandmann (ab 16 Jahren) in der Inszenierung von Andreas Gruhn (…) war ein eindringliches Erlebnis für das Publikum. Die schaurige Erzählung um den traumatisierten jungen Studenten Nathanael, der immer mehr in den Wahnsinn driftet, wurde mit den modernen Mittel aber eng an der Textvorlage vermittelt. Ein exemplarisches Stück aus dem Zeitalter der der schwarzen Romantik. Es war ein gelungenes Zusammenspiel von atmosphärisch verstärkenden Videoinstallationen, Musik und Klangbegleitung, gezieltem Einsatz der Beleuchtung sowie dem eindrucksvollen Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler des KJT-Ensembles. Die Rolle des Protagonisten war eine große Herausforderung für den Schauspieler Thorsten Schmidt, die er mit Bravour meisterte. Bianka Lammert verkörpert die schwierige Rolle einer 'leblosen Hohlpuppe' mit roboterhaften Bewegungen und Kontaktlinsen als tote Augen beeindruckend.“
Ars tremonia
„Fiktion und Realität mischen sich in dem Nachtstück der schwarzen Romantik, das (…) vom überwiegend jugendlichen Publikum ausgiebig bejubelt wurde. (…) In Gruhns schaurig-schöner Inszenierung wechseln sich erzählende Passagen mit Spielszenen ab. Thorsten Schmidt spielt den zerrissenen Nathanael, gibt wunderbar einen nervös-hibbeligen jungen Mann, der sich die Haare rauft, die Hände knetet und mit den Beinen wibbelt. (…) Mit tollen Videos von Peter Kirschke wird Nathanaels Realitätsverlust bebildert. (…) Das spielfreudige Ensemble erhielt stürmischen Applaus.“
Ruhr Nachrichten
„Andreas Gruhn, Chef des KJT, inszeniert Hoffmanns Ausflug in die Gefilde der schwarzen Romantik mit gehörigem Gruselfaktor. Die heimelige Familienwelt und die Abgründe des Menschlichen stehen in klarem Kontrast zueinander. Durch sinnfällige Videoprojektion zaubert Gruhn Murnaus Schreckensatmosphäre ebenso herbei wie psychedelische Wirrnis oder blanken Horror in Form blutiger Augäpfel. (…) Die emotionalen Wechselbäder dieses Helden werden indes vor allem durch die Auswahl der Musik veranschaulicht. (…) Da stehen sanfte Klavierakkorde neben bedrohlich elektronischem Wabern, nervöse rhythmische Ostinati steigern sich zur apokalyptisch anmutenden Kakophonie. (…) Thorsten Schmidt [spielt] virtuos den haltlosen Nathanael, als wilden poetischen Schwärmer, oder den von nackter Angst Gepeinigten. Ebenso gekonnt ist die maschinenhafte Anmut, die Bianka Lammert dem seltsamen Geschöpf namens Olimpia verleiht. So entpuppt sich Der Sandmann in Dortmund als ziemlich spannende Albtraumszenerie inmitten einer heilen (Familien)-Welt, nicht zuletzt als schlüssiges Gesamtkunstwerk aus Musik, Bild und Spiel. Das üppigen Beifall bekommt.“
Theater Pur
Kommentare
Lange habe ich hier keine Kommentare mehr abgegeben, aber in diesem Fall muss ich mich einfach zu Wort melden. Zunächst hat diese Inszenierung mich, den erklärten und erkannten Romantiker, zutiefst berührt, denn sie wird E.T.A. Hoffmanns zutiefst romantischen Ambitionen in jeder Weise gerecht. Ob Bühnenbild, Kostüme, Musik oder Darstellung - alles passte perfekt zueinander und ließ die durch den Spielort gegebenen Beschränkungen völlig vergessen. Die äußere Bühnenwelt korrespondierte perfekt mit der Innenwelt des Zuschauers, und das in jeder Weise außerordentliche Spiel des Ensembles weckte unmittelbar und zwingend dessen Empathie: Während der Aufführung waren wir selbst Nathanel, fürchteten uns vor Coppelius, liebten Clara ... Das Moment, der - perfekt gespielten - Olympia zu verfallen, ließ uns dann zunächst ein wenig aufatmen, aber ... Diese Inszenierung schafft ein wahrlich bewegendes inneres Erlebnis, und hierfür gebührt allen an ihr Beteiligten uneingeschränkter Dank.
Absolut sehenswert!! Fantastisch inszeniert. Unbedingt anschauen! Wir waren begeistert!