Akademie für Theater und Digitalität

Liebe Community,

(c) Sofia Brandes & Max Slobodda

Theater ist Werkstatt. Theater ist Forschung. Theater ist Zukunft.

Die Akademie für Theater und Digitalität begreift sich als Labor für die Verknüpfung von künstlerischer Praxis mit technischer Innovation – ein Raum, in dem digitale und hybride Theaterformen nicht nur gedacht, sondern praktisch erprobt und weiterentwickelt werden: als Ort des Experimentierens, des kritischen Hinterfragens und des kreativen Fortschritts. 

In einer Zeit, in der digitale Technologien längst integraler Bestandteil künstlerischer Prozesse sind, stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern wie wir sie sinnvoll nutzen: Wie können immersive Medien, KI-gestützte Dramaturgie oder interaktive Performances neue Erzählräume schaffen? Welche Rolle spielen hybride Bühnenformate für das Theater der Zukunft? Und wie formen diese Entwicklungen nicht nur die Ästhetik, sondern auch die Produktionsweisen und Ausbildungswege in den Darstellenden Künsten

Die Akademie steht weltweit zahlreichen Kunst- und Kulturinstitutionen als Beraterin zur Seite. Sie versteht sich als Vermittlerin zwischen Kunst, Technologie und Wissenschaft - mit einem breiten Spektrum an Angeboten und Formaten, die etablierten und aufstrebenden Künstler*innen und Techniker*innen neue Möglichkeiten zur Vernetzung und Weiterbildung bietet. Sie eröffnet neue Perspektiven und lässt die Digitalität ins Theater ziehen - vor, auf und hinter der Bühne.

Marcus Lobbes
Direktor der Akademie für Theater und Digitalität

Digitalität im Theater

Theater befindet sich in stetigem Wandel – evolutionäre Neuerungen wie die Erfindung elektrischen Lichts, der Guckkastenbühne und jetzt der Digitalität im Theater, geben neue Impulse und fordern das Publikum – neben den altbekannten – zu neuen Sehgewohnheiten auf. Dabei geht es nicht um die Verdrängung klassischen Theaters, sondern um die Erweiterung des künstlerischen, technischen und individuellen Horizonts. Die Akademie für Theater und Digitalität steht als sechste Sparte des Theater Dortmund für Forschung, Kreativität und Ideenreichtum. Kunst- und Kulturschaffende aus der ganzen Welt kommen nach Dortmund, um an neuesten Technologien und Methoden zu forschen und so die vielfältigen Spielformen des Theaters mit digitalen Tools und Techniken zu erweitern: von Extended und Virtual Reality über Motion Capturing, Sensorik und Robotik bis hin zum Einsatz von künstlicher Intelligenz. Die Akademie für Theater und Digitalität treibt den Kulturwandel im Zeichen des Digitalen voran. Hierbei konzentriert sie sich auf vier Kernbereiche: künstlerische Forschung, berufliche Aus- und Weiterbildung, nationale und internationale Vernetzung sowie Beratung von Kunst- und Kulturinstitutionen, Festivals und Akteur*innen der freien Szene. Sie ist Veranstalterin und Gastgeberin zahlreicher Workshops, veröffentlicht verschiedenste technikorientierte Tutorials und lädt zum Diskurs ein.

 

„Kulturwandel im Zeichen des Digitalen entsteht, wenn Algorithmen auf Imagination treffen, wenn Kunst Technologie hinterfragt: Dann kreieren wir Zukunft – und keine Maschinen.“

Michael Eickhoff, Mitarbeiter für Dramaturgie und internationale Vernetzung

 

Die Bildung eines international anerkannten Forschungsraums am Dortmunder Hafen trägt Früchte. Von regionalen spartenübergreifenden Kooperationen wie mit dem Theater an der Ruhr im Rahmen des Projekts Theater der erweiterten Realitäten oder zwei neuen Forschungsprojekten mit dem Kulturforum Witten reicht die Beratung der Akademie bis ins Internationale. Die Akademie für Theater und Digitalität ist Co-Kuratorin verschiedener europäischer und weltweiter Großprojekte und kooperiert mit zahlreichen weltweit angesiedelten Partnerinstitutionen.

Hochschuh/Donovan: Interconnected

Im Kontext der europäischen Netzwerkprojekte EXCENTRIC und ACuTe bringt sie Künstler*innen mit Fachkräften zusammen, um kreative Ideen in die Realität umzusetzen, sei es im analogen, hybriden oder digitalen Raum. Gemeinsam mit der European Theatre Convention (ETC) bietet die Akademie für Theater und Digitalität die mehrjährige Residenz- und Workshopreihe Break The Mould zur Weiterbildung und Produktionsberatung europäischer Netzwerktheater an, um den Anschluss an die Digitalität erfolgreich umzusetzen. Auch Studierende können ab dem Sommersemester 2025 in die digitale Welt des Theaters eintauchen und ihre Kompetenzen im Masterstudiengang Theater and Digitality (MA THEAD), den die Akademie mit der Fachhochschule Dortmund (Fachbereiche Design und Informatik) anbietet, vertiefen. Kunst, Theater und Informatik miteinander verbinden, lautet die Devise. Die Studierenden lernen unter anderem, wie Requisiten im 3D-Drucker entstehen, welchen Nutzen künstliche Intelligenz für zukünftige Theaterproduktionen haben kann und wie man digitale Abbilder und Welten kreiert und mit diesen auf der Bühne interagiert. Hier wird das Theater von morgen erprobt. Die künstlerische Erforschung von neuesten digitalen Tools und Technologien sowie deren Adaption und Einsatz in allen Bereichen der Darstellenden Künste stehen dabei stets im Vordergrund.

Rau/Crowley: Hamlet.AI
Rau/Crowley: Hamlet.AI

Realität verbunden mit Digitalität

In dem rund 2.000 Quadratmeter großen Neubau am Dortmunder Hafen finden sich insgesamt sieben Forschungslabore, in denen eine Vielzahl von Projekten umgesetzt werden kann. Mit Motion-Capture-Systemen und eingebautem Greenscreen-Studio lässt sich das Reale mit dem Digitalen verbinden. Hier können Personen in die digitale Welt versetzt und neue Umgebungen geschaffen werden - von digitalen Hintergründen in Foto- und Videoproduktionen bis hin zu Livestreams lassen sich zahlreiche Ideen verwirklichen. Das Team der Akademie für Theater und Digitalität steht den Forschenden dabei für Fragen zur Seite und berät die Kunstschaffenden technisch, künstlerisch und dramaturgisch. Im Fokus der Beratung steht die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von neuen Technologien, die dem künstlerischen Schaffensprozess und der theatralen Erzählung dienen.

Die Verbindung der technisch-digitalen und narrativen Ebene bietet dem Theater neue Möglichkeiten. Mit Programmen wie OBS (Open Broadcaster Software – einem Programm für Livestreams) oder Resolume können Videoprojektionen auf die Architektur eines Bühnenbildes, Objekte oder Personen gespielt werden. Mit verschiedenen Bewegungs- und Gesichtserkennungssystemen lassen sich reale Personen und deren Körpersprache digital erkennen und im künstlerischen Kontext wiederverwerten, um so als Figur auf der Bühne zu erscheinen.

Auch die digitalisierte Auslesung von Körperdaten des Publikums kann mittels künstlicher Intelligenz in eine Live-Orchestersuite verwandelt werden und ist somit längst keine Zukunftsmusik mehr.

 

„Die Technik wird nicht nur primär aufgrund ihrer Aktualität und Relevanz genutzt, sondern man erweitert damit den Werkzeugkasten, mit dem man auf der Bühne etwas erzählen kann.“

Mario Simon, Medienkünstler

 

Die Interaktion mit dem Publikum und die Neugestaltung der dramaturgischen sowie narrativen Ebene des Theaters mittels digitaler Tools schaffen die Möglichkeit, neue Perspektiven sowohl für die Kunstschaffenden als auch für das Publikum zu eröffnen. Es entsteht eine neuartige Form der Interaktion mit dem Werk, den Figuren und den Darsteller*innen im digitalen sowie analogen Raum.

ArtesMobiles: Merging Entities
Brig Huezo: THE DEAD CODE MUST BE ALIVE!
Janne Kummer: DisAIdentification
Maria Pyatkova: Narratives of Time

Digitale Welten

Digitalität ist in der Lage, die theatrale Einheit von Raum und Zeit aufzubrechen. Durch virtuelle Realitäten kann die Existenz vom Publikum sowie von Darsteller*innen in der digitalen Welt dargestellt werden. Auch Livestreams zu anderen Spielstätten im Rahmen einer Theaterproduktion sind möglich, sodass Spielende und Publikum sich zeitgleich an zwei unterschiedlichen Orten, mitunter in unterschiedlichen Zeitzonen und Kontinenten, aufhalten, während sie einer Performance beiwohnen. Die digitale Verbundenheit vereint Raum und Zeit in einer neuen Dimension.

Digitale Räume bieten eine große Vielfalt möglicher Szenarien und den Eintritt in neue Welten. Mittels verschiedener Computerprogramme wie Unreal Engine oder Unity (Programme, die primär in der Entwicklung von 3D-Videospielen genutzt werden) vermögen Medienkünstler*innen, Programmierer*innen und Theaterschaffende nahezu jede Szenerie grafisch darzustellen und sich in ihr als Avatar zu bewegen. Das digitale Pendant zum klassischen Bühnenbild kann als Projektion genutzt werden, Zuschauer*innen können Elemente darin steuern und Theaterproduktionen bietet es neue Handlungs- und Interaktionsmöglichkeiten in unterschiedlichen Komplexitätsgraden.

 

„Das digitale Theater schafft ein interaktives, personalisiertes Erlebnis, welches das Publikum einlädt, in digitale Welten einzutauchen und sie aktiv mitzugestalten. Digitale Welten revolutionieren so das Theater – als immersive Erfahrung, die Realität und Fiktion verschmelzen lässt.”

Vesela Stanoeva, Mitarbeiterin für Programmierung und Coding mit Schwerpunkt Medienkunst

Digitale Avatare

In der Akademie für Theater und Digitalität trifft das Analoge auf das Digitale. Von der künstlerischen Idee bis zur Umsetzung bilden sich viele Schnittstellen im hybriden Raum. Neben digitalen Welten finden sich auf der Bühne auch digitale Avatare. So kann mit Smartphones die eigene digitalisierte Darstellung aufgenommen und mittels Motion Capture Technologie animiert werden. Durch Infrarotsensoren wie der Microsoft Kinect Kamera lassen sich in Echtzeit Körperhaltung und -bewegung mit dem Avatar in Verbindung bringen. Eine weitere Möglichkeit, digitale Avatare zum Leben zu erwecken, bieten Motion Tracking Systeme, wie der Rokoko-Anzug. Darsteller*innen und Tänzer*innen, ausgestattet mit Sensoren am Kostüm oder am Körper, die ihre Bewegungen aufzeichnen, performen als digitale Avatare mit in höherer Qualität digitalisierten Bewegungen. Der reale Mensch ist der Ankerpunkt einer digitalen Performance.

Mit digitalen Avataren können verschiedene Szenarien konstruiert werden: ein Bruch zwischen der Figur und dessen Selbst, sodass die beiden Entitäten miteinander auf der Bühne in den Dialog treten und in vielfältiger Weise interagieren. Digitale Avatare sind Teil des Tanzes, des Schauspiels und ein essenzieller Teil des Gamings. Sie verbinden verschiedene Sparten und kulturelle Hintergründe miteinander und heben das Narrativ einer Theaterproduktion in besonderem Maße mit ihrer direkten Verbindung zur Realität hervor.

 

„Die Medien Theater und Computerspiel können viel voneinander, in Bezug auf ihre diversen Ästhetiken und ihre erprobten Techniken, lernen.“

Tim Pauli, Mitarbeiter für Audiovisuelle Technik, Medienproduktion und IT

 

Für Interessierte stehen die Arbeitsprozesse der künstlerisch-technischen Forschungsarbeiten an der Akademie für Theater und Digitalität rund um das Thema digitale Transformation am Theater auf der englischsprachigen Wissensplattform Portal (https://portal.theater.digital) zur Verfügung.

Sponsoring und Förderungen

Akademie

Akademie eröffnet Plattform Wissen auf nachtkritik.plus

Wissensportal für Digitalität und Technologie im Theater

Die Plattform Wissen auf nachtkritik.plus bündelt und reflektiert den erreichten Stand der Entwicklung im Bereich Theater und Digitalität. 
Bereits jetzt sind dort fast achtzig Beiträge zu diversen technischen Tools, Tutorials und Werkstatt-Gespräche zu finden, die digitale Technologien 
und ihre Anwendung erklären oder Erfahrungen damit reflektieren. Das Portal ist als offene Plattform angelegt, an der sich jede*r beteiligen und eigene Beiträge beisteuern kann. 
Ziel ist, das Wissen im Bereich Theater und Digitalität für so viele Interessierte wie möglich zugänglich zu machen und einen Austausch darüber zu ermöglichen.

Kooperationspartner von nachtkritik.de sind die Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund und die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft (DTHG), die bereits wichtige Inhalte zur Verfügung gestellt haben.

Am 10. März 2022 um 19:30 Uhr wird das Portal mit einer digitalen Veranstaltung eröffnet:

Digitales Wissen @nachtkritik.de oder: Warum wir glauben, dass das wichtig ist.

  • 19:30 Uhr: Begrüßung und Vorstellung des Portals
    Mit: Kai Festersen, Timo Raddatz und Esther Slevogt. Moderation Christian Rakow. (Dauer: 15 min)
    Die Digitalisierung verändert Öffentlichkeit und Gesellschaft. Und sie verändert das Theater. Als Portal für Theaterkritik, Diskurse und Informationen rund um das Theater eröffnet nachtkritik.de eine Wissensplattform für Digitalität und Technologie im Theater. Warum und wie, erklären Kai Festersen, Timo Raddatz und Esther Slevogt.
  • 19:45 Uhr: Im/material Theatre Spaces - Erweiterte Realitäten zwischen Kunst und Technik
    Präsentation von Franziska Ritter / Pablo Dornhege (digital.DTHG). Theater ist seit jeher Vorreiter für die Entwicklung und Anwendung neuer Technologien, es ist Ort für künstlerische und technische Innovation, Experiment und Forschung. Mit dem Forschungsprojekt Im/material Theatre Spaces hat die DTHG untersucht, welche Potentiale Neue Technologien wie Virtual und Augmented Reality vor, hinter und auf der Bühne entfalten können – ob als kreatives Entwurfswerkzeug, als Konstruktionshilfe für virtuelle Bauproben, als didaktischer Lehr- und Lernraum, oder als Vermittlungsinstrument für Theatergeschichte. Die praxisnah in Kooperation mit Theatern, Firmen und freien Ensembles entwickelten prototypischen Musterlösungen und Arbeitsmethoden sind nachhaltig übertragbar - die Erkenntnisse werden auch auf der Wissensplattform von nachtkritik.plus veröffentlicht. Franziska Ritter und Pablo Dornhege leiten das Forschungsprojekt "Im/material Theatre Spaces" und sind Beauftragte für Digitalität und Neue Technologien der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG).
  • 20:15 Uhr: Making Of: Digitaltheater. Showcase des Fellowship_5 der Akademie für Theater und Digitalität 
    Teilnehmende am Fellowship Programm der Akademie für Theater und Digitalität stellen die Projekte vor, an denen sie während ihrer 5 Monate in Dortmund geforscht haben. Das  Programm richtet sich an alle Menschen, die sich im Theater-Kontext mit digitalen Technologien auseinandersetzen, und bietet den von einer unabhängigen Jury ausgewählten Stipendiat*innen den Rahmen, ohne Produktionsdruck künstlerisch zu forschen. Im 5. Semester (Fellowship_05) forschten Elena Tilli/Samuel Chan, Yvonne Dicketmüller, Luise Ehrenwerth, Katie Hawthorne, Kiran Kumar/Kai Tuchmann, Peter Lorenz/Johannes Payr, Elena Tilli/Samuel Chan an der Akademie.
    Einführung, Präsentation & Moderation: Martina Leeker

    AI Assisted Theatrical Design – Elena Tilli und Samuel Chan 
    Das Team setzt dort an, wo Vorstellungkraft und Kommunikationsmöglichkeiten und Machbarkeit ihren Schnittpunkt, vor allem aber ihre Grenzen haben. Anhand tausender Bilder von Bühnen und weiterem Bildmaterial trainieren sie eine künstliche Intelligenz, mit deren Hilfe es möglich sein soll, 2-dimensionale Modelle von möglichen Bühnenbildern herzustellen, die zu einem 3-dimensionalen Modell verarbeitet werden können. Der Clou: mit diesen Modellen sollen sich auch verschiedene Beleuchtungsszenarien, Projektionsmöglichkeiten und Umbauten simulieren lassen. 

    Automating the Audience – Katie Hawthorne
    Wie wird das Publikum der Zukunft aussehen? Mit dieser Frage nahm Katie Hawthorne ihr Fellowship an der Akademie auf. Nachdem sie sich im Rahmen ihres PhD mit dem Konzept der "Liveness", also dem Live-Erlebnis und was es ausmacht, beschäftigt hat, spinnt sie den Gedanken hier weiter. Digitale Technologien, ausgehend vom Computer übers Smartphone bis hin zu Live-Schalten, aber auch virtuelle Realitäten verändern nicht nur die künstlerischen Formate, sondern letztendlich auch das, was wir so selbstverständlich Publikum nennen.

    Connecting:stitches - Luise Ehrenwerth
    Die Kostümbildnerin beschäftigt sich im Rahmen ihres Forschungsprojektes mit digitalen Technologien im Bereich textiler Gestaltung. Dabei verwebt sie unter anderem leitfähige Materialien mit Stoffen, die das Einarbeiten von Mikrocontrollern ermöglichen. Beim "Smart Costume" kann das Gewand mit den anderen Bühnenelementen in Verbindung treten. An anderer Stelle setzt sich Ehrenwerth mit Augmented Reality auseinander und vernäht visuelle Marker, mithilfe derer das Kostüm virtuell erweitert und variiert werden kann.

    Dear Dead Doctor - Kiran Kumar und Kai Tuchmann
    Die gemeinsame Recherche des Tänzers Kiraṇ Kumār und des Dramaturgen Kai Tuchmann dient der Entstehung von "Dear Dead Doctor". In der Form eines offenen Briefes an Kirans verstorbenen Großvater, der ein Doktor der westlichen Medizin gewesen ist, erforscht das Projekt performative Strategien, medizinisches und somatisches Wissen auf der Bühne in einen Dialog zu bringen. "Dear Dead Doctor" versucht das Digitale so einzusetzen, dass es aus der Form der Autobiografie herausreicht und zur Mythographie überleitet, die in jeder Aufführung kollektiv und situiert neu erschaffen wird. Somit hinterfragt Kumar und Tuchmanns Recherche, wie das Digitale, die (in der Schriftkultur begründeten) Prozesse und Protokolle des Dokumentarischen erweitern kann.

    Digital Fabrics - Yvonne Dicketmüller
    Die Künstlerin und freie Theatermacherin befasste sich an der Akademie mit 3D gedruckten Stoffen und textilen Elementen, und schließlich konnte sie ganze Kleidungsstücke mit verschiedenen Bewegungsqualitäten herstellen. Neben 3D-Druck forschte sie an spezieller Software und Programmiertechniken, mit denen sich etwa Herstellungsprozesse einzelner Elemente effizienter gestalten oder sich Materialien mit verschiedenen Eigenschaften produzieren lassen. 

    Theater Delivery & Robotic Performance Space - Johannes Bereiter-Payr und Peter Lorenz
    Johannes Payr, Künstler, Techniker und Wissenschaftler, inszeniert gemeinsam mit dem Regisseur und experimentellen Theatermacher Peter Lorenz ein partizipatives Theatererlebnis für das eigene Wohnzimmer- im Pizzarkarton. Mithilfe der digitalen Technologien, die aufwendig in der zunächst unscheinbaren Schachtel verbaut sind, erschafft das Duo ein haptisches, interaktives Performance-Erlebnis, das zum Mitmachen einlädt: sie verstehen ihre Arbeit als "Open Source"-Projekt, das von lokalen Maker-Communities selbstständig gebaut und auch weiterentwickelt werden kann.
  • 21:15 Uhr: Panel Making Of: Digitaltheater II – Künstlerisch forschen. Archivieren, Distribuieren, Reflektieren
    Gespräch über Künstlerische Forschung und Ergebnissicherung. Mit: Marcus Lobbes (Direktor Akademie Theater und Digitalität, Dortmund), Pablo Dornhege / Franziska Ritter (digital.DTHG), Ilja Mirsky (Dramaturg, Programmierer und Medienkünstler, Tübingen) und Esther Slevogt (nachtkritik.de, Berlin). Moderation: Martina Leeker

    Die Beteiligten
    Pablo Dornhege erforscht, entwickelt und gestaltet reale und virtuelle narrative Räume. Als Gastprofessor leitete er den Studiengang Entwerfen Raumbezogener Systeme an der Universität der Künste Berlin. Neben seiner Tätigkeit als freier Szenograf unterrichtet und forscht er an einer Reihe von Hochschulen im In- und Ausland. Er beratend die Entwicklung der Wissensplattform nachtkritik.plus unterstützt.

    Kai Festersen ist Theaterregisseur, Initiator und Entwickler von theaterkanal.de (inzwischen offline) und theatertexte.de, künstlerischer Betriebsdirektor der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg, kurzzeitig Betriebsdirektor der Akademie für Theater und Digitalität in Dortmund, im Hauptberuf derzeit Chefdisponent am Schauspielhaus Bochum, maßgeblich an der konzeptionellen Entwicklung von nachtkritik.plus beteiligt.

    Martina Leeker (Priv.-Doz.) ist Medien- und Theaterwissenschaftlerin. Ihre Forschungsgebiete sind u.a. Digitale Kulturen, Performativität und Digitalität, Kritische Medientheorie, Theater und Medien, Art and Technology. Sie ist Initiatorin des Respectful Nettheatre Cannel und lehrt zur Zeit an der Universität Köln. Im Kontext des Portals Wissen auf www.nachtkritik.plus entwickelt sie aktuell gemeinsam mit Esther Slevogt die Reihe zu Geschichte und Gegenwart von Theater und Liveness im Internet Performing Internet oder: Wie das Theater ins Netz kam

    Marcus Lobbes ist Direktor der Akademie für Theater und Digitalität, der 2019 neugeründeten, sechsten Sparte am Theater Dortmund. Er arbeitet seit 1995 als Regisseur, Ausstatter und Autor im Musik- und Sprechtheater. Seit 2014 wird er regelmäßig als Gast an renommierte Hochschulen und Universitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingeladen.

    Ilja Mirsky ist Dramaturg (am Institut für theatrale Zukunftsforschung im Zimmertheater Tübingen, 2019-2022), Programmierer und Medienkünstler. Ilja promoviert zu Mensch-KI Interaktionen an der Universität Tübingen und an der Züricher Hochschule der Künste, ZHdK. Er doziert zu Methoden der digitalen Dramaturgie an der Theaterakademie August Everding in München und an der ADK Baden-Württemberg in Ludwigsburg.

    Christian Rakow leitet die Redaktion von nachtkritik.de. Seit 2013 ist der promovierte Literaturwissenschaftler außerdem Mitorganisator der Konferenz "Theater & Netz" von nachtkritik.de und Heinrich Böll Stiftung. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit als Kritiker und Kulturjournalist sind digitale Theater- und Gamingformate. Von 2016 bis 2019 gehörte er der Jury des Berliner Theatertreffens an.

    Timo Raddatz schloss im Januar 2022 ein Theaterstudium an der Zürcher Hochschule der Künste ab. Neben seinen Arbeit(en) als Dramaturg verfolgt er verschiedene kreative Projekte, mal als Videodesigner, mal als Produktions- oder Projektleiter. Timo Raddatz gehört gemeinsam mit Kai Festersen und Esther Slevogt zur Projektleitung bei der Entwicklung von nachtkritik.plus.

    Franziska Ritter ist Szenografin und studierte Architektur an der TU Berlin, wo sie u.a. den Studiengang Bühnenbild_Szenischer Raum mit aufgebaut hat. Zur Zeit promoviert sie im Rahmen des DFG-Projektes Theaterbauwissen zum Thema Architekturfotografie über die Theaterbausammlung des Architekturmuseums.

    Esther Slevogt ist Chefredakteurin und Mitgründerin von nachtkritik.de. Initiatorin der Konferenz "Theater & Netz", auf der nachtkritik.de seit 2013 in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung jährlich die Folgen der Digitalisierung für die Darstellende Kunst untersucht und diskutiert. Sie leitet die Entwicklung des Projekts nachtkritik.plus.