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„Der Anfang funktioniert gut. Mitten im Studio des Schauspiel Dortmunds steht eine lange Theke. Am einen Ende sitzen drei Leute zusammen beim Backgammon. Von der anderen Seite kommt eine ältere Frau. Viele Worte werden nicht gemacht. In der Gastarbeiterkneipe fühlt Emmi sich sichtlich unwohl. Aber sie muss den Regen überbrücken. Sie bestellt etwas, ‚Ein Cola‘. Lange Blicke. Betretenes Schweigen. Die Wirtin fordert Ali auf, mit der Alten zu tanzen. Eine Provokation. Aber Ali tut es einfach. Der Beginn einer so unwahrscheinlichen wie berührenden Liebesgeschichte.
In Dortmund inszeniert Dor Aloni eine Bühnenfassung mit dem Anspruch eines immersiven Theatererlebnisses. Um die große Theke (Bühnenbild: Marlene Lockmann) sind in den vier Winkeln des Raumes die Plätze des Publikums angeordnet. Das Geschehen ist die ganze Zeit ‚unter uns‘“.
„Die Inszenierung setzt auf eine reduzierte Ausstattung: Eine Raumbühne, kaltes Licht und eine große Gardine dominieren das Bild. Das Publikum sitzt mittendrin – in einer Arena-ähnlichen Anordnung – und wird so Teil des Bühnengeschehens. Diese Nähe erzeugt eine hohe Intensität und ermöglicht direkte Konfrontation mit den Figuren und Themen.
Besonders auffällig ist Alonis stilisierter Zugriff: Die Schauspielerinnen und Schauspieler Sarah Quarshie, Aviran Edri und Linda Elsner agieren laut Bericht als Hüter und Bewohner einer zerbrechenden Gesellschaft. Ihre präzisen Bewegungen und der kontrollierte Ausdruck verleihen der Inszenierung eine abstrahierte, fast surreale Atmosphäre.
Ein starkes Element ist der Einsatz des Dortmunder Sprechchors, der das Publikum mehrfach überrascht: Die Mitglieder treten teils unerwartet aus dem Zuschauerraum auf und übernehmen in präzise gesetzten Szenen die Stimmen einer feindseligen Umgebung.
Zwanzig Choristinnen und Choristen, darunter Bärbel Goebel, Traudel Richard und Birgit Rumpel, zeigen mit ihren überzeugend gespielten Figuren die gesellschaftlichen Mechanismen von Ausgrenzung und Alltagsrassismus auf.
Im Schlussbild gelingt es Anne Grundmann und Aviran Edri, die Fragilität von Solidarität zu verdeutlichen – ein leiser, aber eindringlicher Moment.
Die Inszenierung von Dor Aloni setzt weniger auf großes Drama, sondern auf dichte Atmosphäre und klare Aussagen. Das Publikum zeigte sich am Premierenabend bewegt und spendete langanhaltenden Applaus.“
„Inhaltlich bleibt der Abend sehr nah am Film. Der Text wurde kaum verändert, aber durch die Inszenierung blitzt Die Gegenwart schon immer wieder auf. Allein Das Kostüm von Martha Lange besteht größtenteils aus sehr alltagsnahen Elementen und ist sehr modern gehalten.
Auch einzelne Szenen sind bewusst ein bisschen überzeichnet, z.B. als Emmi und Salem aus dem Urlaub zurückkommen. Da tragen sie weiße Gewänder, Blumenketten und haben eine Buddhafigur als Souvenir mitgebracht. Und das wirkt schon so ein bisschen wie eine Parodie auf Tourist*innen, die sich schnell ein Stück fremder Kultur aneignen. Und durch solche Bilder wird das Ganze schon in das Heute übertragen.
Also hier hören wir jetzt zwei Emmis, manchmal sind es aber auch fünf oder nur eine und dann wieder alle 16 auf einmal. Mal treten sie sichtbar auf, mal sind es nur Stimmen, die aus dem Off kommen. Und trotzdem kann man der Handlung dabei gut folgen, weil die Inszenierung wie schon der Film nicht überladen ist sondern gerade von Leerstellen lebt – von dem Schweigen und von langanhaltenden Blicken zwischen den Schauspielenden.
Das ist schon sehr intensiv. Die Spannung, die da zwischen den Schauspielenden entsteht, die wird wirklich greifbar und spürbar, wenn man da so nah dransitzt. Gleichzeitig kann das stellenweise auch etwas langatmig werden durch die vielen pausen und Blicke, aber es lohnt sich auf jeden Fall sich darauf einzulassen.
Und besonders gut gefallen hat mir die Einbindung des Dortmunder Sprechchors. Die 16 Emmis werden nämlich von Schauspielenden zwischen Ende 50 und Anfang 70 gespielt. Darunter sind 14 Frauen. Und das ist ja eher selten, dass man so viele Menschen und vor allem Frauen in dem Alter gleichzeitig auf der Bühne sieht. Und das war wirklich schön, das zu sehen und mitzuerleben.“
„Unter der Regie von Dor Aloni entstand eine Inszenierung, die den Klassiker aus den 1970er-Jahren in die Gegenwart holt – eindringlich, reduziert und universell verständlich.
Dor Aloni bricht die vertrauten Textstrukturen auf, verteilt die Rollen auf mehrere Stimmen und schafft so neue Spannung. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Dortmunder Sprechchor: Mehrere Personen übernehmen abwechselnd die Figur der Emmi. So werden unterschiedliche Facetten dieser Frau aus der Sicht Alis sichtbar.
Aviran Edri überzeugte in der Rolle des Ali mit einer intensiven, zurückgenommenen Darstellung. Linda Elsner und Sarah Quarshie aus dem Dortmunder Ensemble glänzten in wechselnden Rollen.
Das Besondere an dieser Inszenierung sind die gezielten, langsamen Bewegungen. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf die kleinsten Gesten und Zwischentöne. Schweigen und Blicke erzeugen eine starke Spannung, die das Publikum ebenso aushalten musste wie die Darstellenden selbst.
‚Angst essen Seele auf‘ bleibt ein Stück über die Brüchigkeit menschlicher Beziehungen und gesellschaftliche Vorurteile. Die Dortmunder Inszenierung zeigt eindringlich, dass die Fragen nach Fremdheit, Nähe und Einsamkeit auch heute nichts an Dringlichkeit verloren haben. Ein Abend, der lange nachhallt.“